“Warum sollte ich nicht die Beste sein wollen?”
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Ottessa Moshfeghs Romane über die Außenseiter unter uns sind klug, witzig und rücksichtslos. Sie selbst wird als Genie gefeiert und als arrogant beschimpft. Ein Besuch in ihrem kalifornischen Zuhause


Pasadena, Mitte Dezember. Ottessa Moshfegh sitzt in ihrem Wohnzimmer, sie spricht kontrolliert, vor einzelnen Sätzen lässt sie sich viel Zeit. Sie redet so langsam, dass man später, beim Abtippen des Gesprächs, das Tonband problemlos auf anderthalbfache Geschwindigkeit stellen kann. Sie beobachtet ihr Gegenüber genau, gibt selbst durch ihre Mimik wenig preis. Ihre Bewegungen sind grazil, das Lächeln ist warm, ihr Blick auf lässige Art stolz.

ZEITmagazin: Frau Moshfegh, Sie haben mal gesagt: "Ich bin eine Außerirdische in einem menschlichen Körper. Ich komme von einem anderen Ort. Ich fühle mich mit dem Leben auf der Erde nicht wohl." Was ist das für ein Ort, von dem Sie kommen?

Ottessa Moshfegh: Es ist ein Ort, der jenseits meiner Vorstellungskraft liegt. Ich fühle ein Heimweh nach etwas, das man nicht beschreiben kann, von dem ich aber weiß, dass es ein Teil von mir selbst und meiner Geschichte ist. Ein Heimweh nach einer anderen Welt.

ZEITmagazin: Seit wann fühlen Sie so?

Moshfegh: Ich glaube, das Gefühl war schon immer da. Ich litt als Kind an einer Reihe von paranoiden Wahnvorstellungen. Ich dachte, dass ich in Wirklichkeit nicht zu meiner Familie gehöre, dass ich ein Eindringling bin und großen Ärger bekomme, wenn das jemand herausfinden würde. Ich dachte, ich müsse immer brav sein.

ZEITmagazin: Und Sie konnten nicht darüber sprechen?

Moshfegh: Es war, als dürfe ich es niemandem sagen. Im Laufe der Jahre wurde es noch schlimmer. Als ich sechs oder sieben war, reiste meine Mutter mit meiner Schwester, meinem Bruder und mir nach Kroatien, um ihre Eltern zu besuchen. Es war das erste Mal, dass ich das Land verließ, und ich war überzeugt, dass meine Mutter herausgefunden hatte, wer ich wirklich war, und mich nun irgendwohin brachte, um mich loszuwerden. Bei der Zwischenlandung in Zürich besuchten wir einen Jahrmarkt. Meine ältere Schwester ging mit mir in die Geisterbahn, und ich fand nicht mehr heraus. Ich war buchstäblich in der Dunkelheit verloren. Ich weiß noch genau, wie ich dachte, okay, so sind sie mich also losgeworden, das ist jetzt der Rest meines Lebens, ich muss es akzeptieren. Irgendwann fand ich dann den Weg nach draußen, und da stand meine Familie.

ZEITmagazin: Wie erklären Sie sich dieses Gefühl?

Moshfegh: Ich glaube, es hängt mit meiner Familiengeschichte zusammen. Wenn die Äste im Familienstammbaum so weit voneinander entfernt sind wie bei mir – einer hier, ein anderer dort und mein Zweig dann noch mal ganz woanders –, dann hat man dieses Gefühl, nicht verwurzelt zu sein. Mein Mann wurde in Ohio geboren, in einer sehr kleinen Stadt. Er gehört zur siebten Generation dort. Wenn ich mir vorstelle, in der siebten Generation aus einem Ort zu stammen und zu wissen, dass alle meine Vorfahren dort begraben sind, dann ist da ein Gefühl der Sicherheit. Sterben ist dann ein fester Bestandteil des Lebens.

ZEITmagazin: Ihre Mutter ist Kroatin, Ihr Vater aus dem Iran. Die beiden lernten sich auf einer Musikhochschule in Belgien kennen, zogen gemeinsam nach Teheran und flohen 1979 nach Massachusetts, als im Iran die Revolution ausbrach.

Moshfegh: Ich war noch nie im Iran, nur mal in Kroatien. Ich habe die Gräber meiner Vorfahren besucht, habe aber keine Ahnung von der Familiengeschichte.

ZEITmagazin: Wenn Sie heute die Proteste im Iran sehen, lösen die dann etwas in Ihnen aus?

Moshfegh: Es ist verwirrend. Ich weiß nichts über die Erfahrungen der Menschen dort.

ZEITmagazin: Verfolgen Sie die Proteste denn?

Moshfegh: Ein bisschen. Ich habe in letzter Zeit neue iranische Freunde gefunden, mit denen ich mich eng verbunden fühle. Vor ein paar Tagen habe ich mit einer Freundin gesprochen, die in meinem Alter ist, aber in Teheran geboren wurde. Alles, was in diesem Land passiert, hält sie für zentral für ihren Lebensinhalt. Ich kann mir diese Art von Identitätsdruck nicht vorstellen, sich so darum zu kümmern, woher man kommt.

Moshfeghs Haus liegt eine halbe Stunde östlich von Los Angeles. Es wurde 1945 aus Steinen gebaut, die ein exzentrischer Künstler an den Stränden Kaliforniens aufgelesen hat. Der Kamin knistert. Ihr Mann Luke Goebel, auch Schriftsteller, aber längst nicht so erfolgreich wie seine Frau, ist zum Einkaufen aufgebrochen, um das Gespräch nicht zu stören. Die vier Hunde hat er mitgenommen.

Das gemütliche Wohnzimmer ist ein Sammelsurium aus Erinnerungen. Ein Foto von Moshfegh auf dem Kamin, fünf Jahre alt, lachend mit langem dunklem Haar. Ein altes Gemälde einer Landschaft darüber. Eine Vitrine voller kleiner Figuren, ein Klavier, Bücher. Moshfegh lächelt: "Ich komme aus einer Familie von Sammlern."

ZEITmagazin: Würden Sie denn sagen, dass Sie Ihrer Mutter oder Ihrem Vater ähnlich sind?

Moshfegh: Ja. Ich denke, ich bin 50/50.

ZEITmagazin: Was haben Sie von Ihrer Mutter?

Moshfegh: Meine Mutter ist besessen vom Streben nach Exzellenz. Als sie Bratsche studierte, um Orchestermusikerin zu werden, musste sie extrem hart arbeiten, um die Beste zu sein, und dass man hart arbeiten muss, wenn man die Beste sein will, hat sie mir auf jeden Fall vermittelt. Und warum sollte ich nicht die Beste sein wollen, wenn alles, was es dazu braucht, harte Arbeit ist?

ZEITmagazin: Und Ihr Vater?

Moshfegh: Mein Vater ist ein sehr zurückhaltender, ruhiger Mensch, definitiv introvertiert, und ich bin es definitiv auch. Der Introvertierte ergreift keine Partei, betrachtet die Dinge aus der Distanz und will sie von allen Seiten sehen. Mein Vater ist auch sehr leidenschaftlich. Wissen Sie, die beiden besuchten auf der Musikhochschule dieselbe Meisterklasse und hatten einen Geigenprofessor, dem sie überallhin folgten, auch außerhalb ihrer Ausbildung, wann immer er spielte. Sie reisten mit ihm um die ganze Welt. Da war diese Idee, dass das Streben nach Kunst das ist, was du mit deinem Leben anfängst.

ZEITmagazin: Sie haben, bevor Sie mit dem Schreiben anfingen, ein Instrument gelernt: Klavier. Wurde das in einer Musikerfamilie erwartet, oder war es Ihr eigener Wunsch?

Moshfegh: Ich wollte es, weil es das war, was wir waren. Ich kannte nichts anderes. Ich fühlte immensen Druck, eine großartige Musikerin werden zu müssen, obwohl mir niemand sagte, dass ich das muss. Aber wenn ich zurückblicke, war es eigentlich keine lange Zeit, vier oder fünf Jahre, bis ich 14 war.

ZEITmagazin: Eine lange Zeit für ein Kind.

Moshfegh: Stimmt. Ich bin froh, dass ich diese intensive Ausbildung hatte. Ich habe ja nicht nur Klavier gespielt, ich habe Musiktheorie gelernt und im Chor gesungen, Kammermusik- und Kompositionsunterricht genommen und weitere Instrumente gelernt.

ZEITmagazin: Wie kamen Sie zum Schreiben?

Moshfegh: Mit 14 wollte ich zu einem Sommerprogramm an einer Kunstakademie in Michigan, das damals eines der besten der USA war. Weil ich den Anmeldeschluss für Klavier verpasst hatte, meldete mich meine Mutter für kreatives Schreiben an. Ich war schrecklich wütend, dass ich hingehen musste, aber es wurde eine überwältigende Erfahrung. Ich hatte einen Lehrer, der jung und sehr leidenschaftlich war und sich auf beides – Sprache und Musik – konzentrierte. In ihm fand ich jemanden, der mich wirklich anleiten konnte. Jahrelang schickte ich ihm täglich Texte per Post, und er schickte sie mir mit Anmerkungen zurück.

ZEITmagazin: Wow.

Moshfegh: Ja. Aber wir haben keinen Kontakt mehr.

ZEITmagazin: Warum?

Moshfegh: Ich weiß nicht. Ich war vermutlich ein Arschloch, und er hat sich nicht ausreichend wertgeschätzt gefühlt. Ich habe versucht, wieder Kontakt aufzunehmen, aber offenbar sollte es nicht sein.

ZEITmagazin: Was genau hat Sie damals am Schreiben überwältigt?

Moshfegh: Ich fühlte mich unerwartet mächtig. Da war so ein Gefühl von Freiheit und Vorfreude auf die Zukunft. Ich konnte etwas erschaffen, das aufregend und nicht von dieser Welt war. Und es fühlte sich an, als würde ich die Regeln brechen.

ZEITmagazin: Welche Regeln?

Moshfegh: Wenn man Mozart, Chopin und Beethoven studiert hat und dann kurze Sätze in amerikanischem Englisch schreibt, klingt jedes Wort wie ein Schimpfwort. Es fühlte sich an, als würde ich in der Kirche fluchen. Ich liebe amerikanisches Englisch, es hat Humor und Charme und eine weirdness, durch die ich mich viel besser ausdrücken konnte als durch Musik, die von weißen, männlichen Europäern geschrieben wurde, die seit Hunderten von Jahren tot sind.

ZEITmagazin: Hat Ihre musikalische Ausbildung Ihr Schreiben beeinflusst?

Moshfegh: Ich glaube, man entwickelt dadurch eine Sensibilität für Melodie und Struktur, Harmonie und Dissonanz. Die Art und Weise, wie man ein Stück vorträgt, die Feinabstimmung des Gehörs, die Nuancen, das Gefühl, all das beeinflusst, wie wir auf Musik reagieren. Als ich zu schreiben begann, schrieb ich kurze Prosastücke, die eher seltsame Lieder als wirkliche Geschichten waren. Ich komponierte.

In ihren Zwanzigern und in der ersten Hälfte ihrer Dreißiger hangelte sich Moshfegh von einer veröffentlichten Kurzgeschichte zur nächsten. Sie galt als sehr talentiert, gewann Preise, aber ihre Geschichten waren nicht zugänglich genug. “Mc Glue”, ihr erstes Buch, eine Novelle über einen alkoholkranken Seemann, geschrieben mit der Sprachgewalt eines Gedichtes, erschien 2014 und verkaufte sich kaum. Moshfegh entschied sich, mainstreamiger zu werden: Sie kaufte einen Leitfaden für Möchtegern-Autoren, “The 90-Day Novel” von Alan Watt, befolgte 60 Tage lang alle Anweisungen und schrieb damit “Eileen”: einen düsteren, absurden Thriller über eine junge Frau voller Selbsthass, die bei ihrem alkoholkranken Vater lebt, im Gefängnis arbeitet und bald selbst in ein Verbrechen verwickelt ist. Das Buch wurde 2016 für den renommierten Booker Prize nominiert, es war ihr Durchbruch.

ZEITmagazin: Kurz nach der Nominierung für den Booker Prize erschien im Guardian ein erstes Porträt über Sie mit dem Titel: "Eileen begann als Witz – außerdem bin ich pleite, und ich will berühmt sein." Sie sagen darin: "Es gibt all diese Idioten, die Millionen von Dollar verdienen, warum also nicht ich? Ich bin klug und talentiert und motiviert und diszipliniert und ... talentiert; habe ich das schon gesagt?" Der Text prägt bis heute Ihr öffentliches Bild.

Moshfegh: Jeder hat danach so eine große Sache daraus gemacht, dass ich selbstsicher bin. Als ob es wirklich so ungewöhnlich wäre, dass eine junge Frau selbstbewusst ist. Ich war völlig unerfahren und naiv, und der Journalist hat mir Suggestivfragen gestellt.

ZEITmagazin: Zum Beispiel?

Moshfegh: Ob ich überrascht gewesen sei, dass mein Buch so gut ankommt. Warum sollte ich davon überrascht sein? Denke ich, es ist ein schlechtes Buch? Und nach dem Interview fragte dann lange Zeit jeder: Wie bist du nur so selbstbewusst geworden? Ich habe mich dann über die Frage geärgert und geantwortet: Ich bin halt nicht scheiße. Damit galt ich als noch arroganter. Ich wünschte, ich hätte mich einfach von der Öffentlichkeit ferngehalten.

ZEITmagazin: Ganz?

Moshfegh: Ich weiß es nicht. Ich bin jetzt 41, was sich für mich unglaublich alt anhört, und ich habe das Gefühl, dass ich gerade erst anfange zu verstehen, was es bedeutet, reif zu sein. Bis in meine Dreißiger hinein war ich wirklich pubertär. Ich habe nicht gesehen, was ich heute sehe: dass reif sein heißt, gelassen zu reagieren, weniger launisch und weniger dramatisch.

ZEITmagazin: Der Arroganz-Vorwurf durchzieht einige Texte, die ich über Sie gelesen habe.

Moshfegh: Es ist so dumm. Wie soll ein Künstler ohne Arroganz über sich hinauswachsen?

ZEITmagazin: Wie meinen Sie das?

Moshfegh: Es erfordert so viel Ausdauer und harte Arbeit, einen Roman zu schreiben. Man muss an sich glauben. Man muss sich gegen all die Leute behaupten, die neidisch sind, gierig, wettbewerbsorientiert. Du musst sagen können: Ich beanspruche den Platz und verdiene ihn. Jeder erfolgreiche Schriftsteller, den ich kenne, ist arrogant. Ich kenne niemanden, der in der Lage ist, einen ganzen Roman zu schreiben mit der Einstellung: Oh, ich weiß nicht, ob er gut ist. Ich glaube, in Wahrheit hielten mich die Leute nicht für arrogant, sondern für eine bitch, aber das konnten sie nicht schreiben. Weiße Leute durften mich ja nicht hassen, dafür war ich noch zu neu. Hätten sie etwas Negatives über mich gesagt, hätten sie befürchten müssen, rassistisch zu wirken oder irgendein ein anderes -istisch.

ZEITmagazin: Stört Sie das Moralische im zeitgenössischen Diskurs?

Moshfegh: Ich beobachte, dass im literarischen Betrieb bestimmte Stimmen und Erzählungen anderen vorgezogen werden. Als ich aufwuchs, dachte ich, die Kreativindustrie sei eine Leistungsgesellschaft, in der diejenigen Aufmerksamkeit und Erfolg bekommen, die es am meisten verdienen. Und ich bin froh, dass ich lange so naiv war, denn ich glaube, das hat mich dazu gebracht, eine bessere Schriftstellerin zu werden und wirklich hart zu arbeiten. Aber nun sehe ich auch, wie schnell sich ändern kann, was die Branche schätzt, je nachdem, was sie erwartet, was Menschen kaufen wollen.

ZEITmagazin: Haben Sie das selbst erlebt?

Moshfegh: Bei einem Universitäts-Abendessen in Pennsylvania bin ich mal einem jungen Mann begegnet, der für den Discounter Target arbeitete. Er erzählte – und das ist etwas, was mich echt verrückt macht –, dass er an einem Meeting teilgenommen hatte, bei dem es darum ging, Verbrauchertrends vorherzusagen. Also: Welche Dinge werden die Leute kaufen? Und was sollte man in den Geschäften anbieten? Und er erzählte, dass mein Buch Mein Jahr der Ruhe und Entspannung in einer Präsentation aufgetaucht sei, in der es darum ging, dass Menschen in Zukunft mehr zu Hause bleiben werden. Sie würden gemütliche Kleidung tragen wollen und sich selbst versorgen. Und das war vor der Pandemie.

ZEITmagazin: Was macht Sie daran verrückt?

Moshfegh: Nun, zunächst einmal, dass mein Buch Teil eines Unternehmensplans war, um den Leuten Fleece-Pyjamas und Hausschuhe zu verkaufen. Und im Nachhinein frage ich mich: Hat Target Covid vorhergesehen?

“Mein Jahr der Ruhe und Entspannung” wurde ein internationaler Erfolg. Der Roman handelt vom bizarren Plan einer reichen, schönen, jungen Frau der New Yorker Upper East Side, ihre Gleichgültigkeit zu heilen, indem sie mithilfe von Beruhigungsmitteln, Antidepressiva und Schlaftabletten Winterschlaf hält. Der Erfolg kam in zwei Wellen. Zuerst als das Buch 2018 erschien und dann zwei Jahre später, als es während der Pandemie zu einem TikTok-Phänomen wurde. Seine größten Fans waren die selbst ernannten "Sad Girls": junge Frauen, die sich im Netz mit verweinten Augen und süßem Outfit in Szene setzen, mit ihrer Melancholie kokettieren und die Musik von Lana Del Rey hören.

ZEITmagazin: Was, glauben Sie, steckt hinter der Romantisierung von Depression?

Moshfegh: Von jungen Frauen wird erwartet, dass sie süß und harmlos sind. Die Verniedlichung von Melancholie könnte ein Versuch sein, als junge Frau akzeptiert zu bleiben, selbst wenn man deprimiert ist. Und vermutlich ist es auch ein Weg, um sich gegenseitig zu finden. Ich wollte nie mit einer Gruppe oder einer Bewegung in Verbindung gebracht werden, vor allem nicht online. Und ich glaube, wenn du wirklich so traurig bist, hasst du wahrscheinlich das Internet.

ZEITmagazin: Die Sad Girls schienen Ihren Roman nicht als Satire verstanden zu haben.

Moshfegh: Ich finde es wirklich bedauerlich. Es gibt nichts Inspirierendes an Traurigkeit. Nennt euch doch wenigstens depressive Mädchen! Genies können depressiv werden. Aber ein "trauriges Mädchen auf TikTok" zu sein ist für mich rückwärtsgewandt und frauenfeindlich. Ich meine, ist das wirklich alles, was du aussagen willst? Es ist verstörend, wenn ich darüber nachdenke. Ich hasse es richtig. Es steckt so viel Potenzial und Energie, so viel Schönheit und Gefühl in einer jungen Frau. Ich vermisse das. Ich hatte so viel Energie als junge Frau, und jetzt schaffe ich, na ja, eine Sache am Tag.

ZEITmagazin: Man kann Ihren Roman Mein Jahr der Ruhe und Entspannung als satirische Antwort auf die gegenwärtige Selbsthilfekultur verstehen. Als die Protagonistin nach einem Jahr Schlaftabletten zum ersten Mal wieder ihr Apartment verlässt, sagt sie selbstzufrieden: Schmerz ist nicht der einzige Maßstab für Wachstum.

Moshfegh: Diesen Satz, Schmerz sei der Maßstab für persönliches Wachstum, habe ich gerade hier in Südkalifornien immer wieder gehört – eine beschissene Perspektive auf persönliches Wachstum. Klar ist es verlockend, im Nachhinein zu glauben, dass alles aus guten Gründen passiert. Aber was sollen Kinder denken, die vergewaltigt werden? Ist das etwa Teil ihrer Reise?

ZEITmagazin: Ihr neuer Roman Lapvona spielt in einem fiktiven mittelalterlichen Fürstentum, einem Ort voller Monstrositäten: Ein Fürst bestiehlt sein Volk, ein Vater vergewaltigt seine Frau, ein Kind tötet einen Freund. Und weil das noch nicht düster genug ist, kommen im Verlauf eines Jahres noch Dürre, Hungersnot und die Pest dazu. Sie haben das Buch während des Lockdowns geschrieben, um gedanklich vor der Pandemie zu fliehen. Warum fantasiert man sich an einen schlimmeren Ort?

Moshfegh: Das ist jetzt ein bisschen, wie einen Sänger zu fragen, warum er immer wieder traurige Lieder singt. Mich stört nicht, dass es ein schlimmerer Ort ist. Es gibt ja Komik innerhalb des Horrors.

ZEITmagazin: Um was ging es Ihnen bei Lapvona?

Moshfegh: Ich wollte eine Gesellschaft porträtieren, die durch eine Zeit der Not geht. Ich wollte die Komplexität einer Revolution untersuchen. Und ich wollte meinen eigenen Perspektivwechsel festhalten: Ich habe Lapvona in einem Zustand der Isolation geschrieben, den ich so vor dem Lockdown noch nicht erlebt hatte. Und während ich zuschaute, wie sich die Welt so drastisch verschob, verschob sich auch bei mir etwas.

ZEITmagazin: Von wo nach wo?

Moshfegh: Von der Wertschätzung der singulären Erfahrung zu einem Interesse an einer gemeinschaftlicheren Erfahrung. Alle meine Romane vor Lapvona und die meisten meiner Kurzgeschichten habe ich aus der Ich-Perspektive geschrieben.

ZEITmagazin: Lapvona hingegen ist aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben. Verstehe ich das richtig, dass Sie erst den Zugang zur Gesellschaft verlieren mussten, um ein Interesse an anderen Perspektiven zu entwickeln? Ist dieses Interesse denn nach dem Lockdown geblieben?

Moshfegh: Ja. Ich will jetzt Erzählungen in der dritten Person schreiben. Es ist, als würde ich in einer neuen Tonart arbeiten.

Hundegebell. "Luke?" Die Hintertür des Hauses geht auf, Moshfegh streckt sich, um besser sehen zu können. Goebel, ein großer Mann mit Dreitagebart und lockigem Haar, kommt rein und setzt seine Mütze ab. Auf die Frage, was sie an ihm am meisten schätze, hat sie mal gesagt: "Seine Unschuld." Er sei jemand, der sehr viel Nähe brauche, und sie glaube nicht, dass sie eine Beziehung mit jemandem führen könne, der nicht so verbindlich sei wie er.

Sie sind seit November 2016 ein Paar, verlobten sich bei ihrem zweiten Treffen. Bevor er Moshfegh kennenlernte, lebte Goebel in einer Hütte in der Wüste von Palm Springs und hatte einen experimentiellen Roman veröffentlicht, von dem er sagte, nur einer von vielleicht zehn Menschen halte aus, ihn zu lesen. "My man in the desert" nennt Moshfegh Goebel liebevoll in einem Essay. Heute schreiben die beiden zusammen Drehbücher. Eileen, eine Adaption ihres ersten Romans, feiert kommende Woche auf dem Sundance Festival Premiere.

ZEITmagazin: Stimmt die Geschichte, dass Ihnen eine Wahrsagerin prophezeite, dass Sie Ihren Mann kennenlernen?

Moshfegh: Sie war keine Wahrsagerin, sondern Astrologin.

ZEITmagazin: Und was genau sagte sie?

Moshfegh: Sie sagte, dass jemand auf dem Weg zu mir sei und dass ich das nicht verhindern könne. Sie sagte wörtlich: Du könntest in eine Hütte mitten im Wald ziehen, und er würde trotzdem an deine Tür klopfen. Ich meine, ob das stimmt oder nicht, wer weiß? Aber es fühlte sich wirklich so an, als hätte meine Zukunft einfach an die Tür geklopft.

ZEITmagazin: Über Ihr erstes Treffen schrieb er später, er habe das Gefühl gehabt, er befinde sich auf Hexengrund. Wie schnell haben Sie gewusst, dass das zwischen Ihnen etwas Besonderes ist?

Moshfegh: Sofort.

ZEITmagazin: Er war gekommen, um Sie für ein Magazin zu interviewen, blieb dann aber 27 Tage, das längste Interview der Welt, wenn man so will. Glauben Sie, er hatte sich schon beim Lesen Ihrer Bücher in Sie verliebt?

Moshfegh: Nein, ich weiß, dass es nicht so war. Wir haben darüber gesprochen. Als wir uns kennenlernten, sind wir uns zuerst als zwei Schriftsteller begegnet. Aber die Beziehung war irgendwie unvermeidbar.

ZEITmagazin: Als Sie später zum ersten Mal sein Buch lasen, hatten Sie da Angst, es könnte schlecht sein?

Moshfegh: Ich glaube, dass ich diese Angst eher gehabt hätte, wenn er eine andere Art von Künstler wäre und sich auf eine Weise ausdrückt, zu der ich keinen Zugang habe. Aber auf sein Schreiben kann ich mich beziehen. Ich kann wertschätzen, dass er einen Satz ganz anders schreibt als ich.

ZEITmagazin: Bewerten Sie andere Autoren etwa nicht?

Moshfegh: Ich bewerte andere Autoren definitiv. Ich habe eine Menge Gedanken und Gefühle zu allem, was ich lese. Meist hasse oder liebe ich etwas. Aber das Buch von jemandem zu lesen, den man wirklich liebt, ist anders.

ZEITmagazin: Inwiefern?

Moshfegh: Ich lese es nicht des Buches wegen, sondern um mehr über die andere Person herauszufinden. Es gibt etwas zu gewinnen.

ZEITmagazin: Bei den Drehbüchern, an denen Sie neuerdings mit Ihrem Mann arbeiten, handelt es sich vor allem um Adaptionen Ihrer Romane. Macht es das kompliziert?

Moshfegh: Nein, es ist toll! Wenn wir nicht einer Meinung sind, kann ich immer sagen: Aber ich habe das Buch geschrieben!

Bei unserem zweiten Treffen am übernächsten Tag werden zunächst Fotos gemacht. Die Fotografin fragt, ob sie Moshfegh an ihrem Schreibtisch porträtieren dürfe. Moshfegh zögert. Lieber nicht, zu unordentlich. Sie verschwindet kurz und kommt mit einem Stapel Unterlagen zurück, die sie auf dem Couchtisch ausbreitet. Ob die Fotografin stattdessen das hier fotografieren möge? Es seien Recherchen für ihren nächsten Roman.

Moshfegh erzählt, es werde um zwei Teenager im Südengland der Neunziger gehen. Auf dem Tisch liegen Bilder der Beatles, ein Wikipedia-Artikel über eine Bombenexplosion und ein Text über Bluthunde. Sie sagt, sie habe mal geplant, dass eine der Figuren Hundezüchter werde. "Noch ist alles etwas wahllos. Ich hoffe, am Ende des Buches ergibt es Sinn."

Unter den Papieren befinden sich auch Dutzende vergilbte Fotos: ein junger Mann im Schaukelstuhl, ein Familienessen, ein Mann und eine Frau in der U-Bahn. Moshfegh bestellt sie in 50er-Packs bei eBay, als Inspiration für ihre Figuren.

ZEITmagazin: Menschliche Körper, auch der Ekel davor, spielen in Ihren Romanen eine große Rolle. Sie kämpften lange mit Bulimie. Schwingt das beim Schreiben immer noch mit?

Moshfegh: Ja, wahrscheinlich. Ich bin hyperfokussiert auf Körper und alles, was damit zu tun hat: ihre Verletzlichkeit, Form, Größe, Beschaffenheit, Haltung. Ich leide an Skoliose und habe dadurch eine sehr genaue Vorstellung meines Skeletts, weil ich es bei jedem Arztbesuch zu sehen bekam. Während meiner Pubertät bekam meine Wirbelsäule viel Aufmerksamkeit. Ich begann Körper auf eine sehr anatomische Weise zu sehen, fast schon architektonisch. Und so fangen Charaktere für mich wirklich als physische Wesen an und nicht mit einer Herkunftsgeschichte oder einer Persönlichkeit.

ZEITmagazin: Sie haben mal gesagt, dass Sie das Schreiben in gewisser Weise vor der Bulimie bewahrt habe.

Moshfegh: Wenn ich nicht herausgefunden hätte, dass ich Schriftstellerin bin, hätte ich mich umgebracht. Ich bin emotional keine robuste Person. Mein Bedürfnis, mich mitzuteilen, ist sehr groß. Die Essstörung war vermutlich ein Versuch, das, was ich nicht ausdrücken konnte, anders greifbar zu machen. Und es war schlichtweg eine Sucht. Das ist etwas, worüber die Leute nicht wirklich reden.

ZEITmagazin: Über den Sucht-Aspekt?

Moshfegh: Ja. Es gibt eine Menge Nebenwirkungen von Nahrungsentzug, die sich gut anfühlen und nach denen man süchtig werden kann. Haben Sie Paris, ein Fest fürs Leben von Ernest Hemingway gelesen?

ZEITmagazin: Nein.

Moshfegh: Er erzählt, wie er und seine Freunde in den Zwanzigerjahren in Paris ein paar Tage lang nichts aßen und sich fühlten, als wären sie auf einem LSD-Trip. Aber ich wurde mir der Gründe für meine Essstörung erst bewusst, als ich anfing, mich davon zu erholen. Eine Essstörung ist ziemlich gut darin, dir zu sagen, dass der Grund deiner Existenz ist, dich um sie zu kümmern.

ZEITmagazin: Sie gibt dem Leben auf verquere Weise einen Sinn?

Moshfegh: Auf jeden Fall. Es ist wie in einer Sekte.

ZEITmagazin: Wie geht es Ihnen heute?

Moshfegh: Ich sehe die Bulimie mittlerweile als Geist, der gelegentlich von mir Besitz ergreift. Ich würde nicht sagen, dass ich genesen bin. Ich muss vorsichtig sein. Jedes Mal, wenn ich einen Rückfall habe, überwältigt mich ihre Macht wieder.

ZEITmagazin: Ihre Figuren sind einsam und meist Außenseiter. Und doch sind sie alle – oft auf sehr unterhaltsame Weise – auf der Suche nach einem Weg, das eigene Leben zu verbessern. Oder zumindest dem Pfad zu entkommen, auf dem sie sich befinden. Gibt man sich auf, wenn man nach nichts mehr strebt?

Moshfegh: Das glaube ich nicht. Ich denke, man kann ein erfülltes Leben führen, wenn man sich damit abfindet, wo man steht. Ich weiß nur nicht, wie man das macht.

ZEITmagazin: Ich habe gelesen, Sie hätten das mit der Liebe erst mal aufgegeben, als Sie in Ihren Zwanzigern in New York waren. Und als Sie später nach Kalifornien gingen, sollen Sie sogar enthaltsam gelebt haben. Warum so radikal?

Moshfegh: Ich hatte die Liebe nicht aufgegeben. Es war eher so, dass ich nach ein paar wirklich blöden Beziehungen dachte, Liebesbeziehungen seien nichts für mich. Etwas daran hat mich abgestoßen, wahrscheinlich aufgrund einiger Freunde, die ich gehabt habe. Nicht so sehr ihretwegen, eher wegen meiner Reaktion.

ZEITmagazin: Ihrer Reaktion?

Moshfegh: Meine Instinkte, was Männer angeht, waren ein wenig durcheinander, und wenn eine Beziehung vorbei war, habe ich mich im Nachhinein für meine Entscheidungen und mein Verhalten geschämt. Mit Anfang, Mitte dreißig, als alle davon besessen waren zu daten, dachte ich dann: Ich verschwende so viel Zeit. Ich hatte einfach nicht die Energie dafür. Und: Ich wollte seriös sein.

ZEITmagazin: Sie haben sich also isoliert, um sich auf die Arbeit zu konzentrieren?

Moshfegh: Ja.

ZEITmagazin: Wo bleibt da die Inspiration?

Moshfegh: Ich hatte genug Inspiration. Ich weiß auch nicht, ob ich überhaupt an Inspiration glaube, dieses: Du musst rausgehen und Leute treffen, dann siehst du vielleicht etwas, was du sonst nicht sehen würdest. Und es ist auch eine gute Ausrede, um nicht aus dem Haus zu gehen. Ich gehe nicht gern aus dem Haus.

ZEITmagazin: Im New Yorker haben Sie mal einen Essay über eine erstaunliche Obsession geschrieben, die Sie hatten, als Sie nach dem Studium Ihrem damaligen Freund ein paar Jahre ins chinesische Wuhan gefolgt sind. In einer dunklen Phase googelten Sie in einem Internetcafé das Wort Tod und stießen erst auf eins und dann auf immer mehr Bilder von Leichen: Tatortfotos, aufgebahrte Personen, viktorianische Todesbilder. Über Monate kamen Sie jeden Tag wieder, um sie sich erneut anzuschauen.

Moshfegh: Es war seltsam. Die Bilder haben mich total berührt. Für die Menschen in meinem Alltag empfand ich das nicht. Mit der Zeit haben mir die Toten wirklich etwas bedeutet. Ich habe mir ihre Gesichter eingeprägt und die Position ihrer Körper.

ZEITmagazin: Warum?

Moshfegh: Ich lebte in China, ohne fließend Chinesisch zu sprechen, und ich war in einer Beziehung, in der ich mein Gegenüber nicht verstand und er mich auch nicht. Ich war einsam und projizierte das auf die Bilder. Die toten Menschen konnte ich vermissen.

ZEITmagazin: Ich hatte den Essay so verstanden, als hätte Sie der Adrenalinrausch beim Anblick der Fotos begreifen lassen, wie wertvoll das Leben sei.

Moshfegh: Als ich den Text schrieb, hatte ich selbst noch nicht verstanden, was damals mit mir los war. Deshalb entschied ich mich für diese eher oberflächliche Adrenalinrausch-Antwort. Es passiert mir oft, dass ich über etwas schreibe und es fünf Jahre später ganz anders verstehe. Ich könnte jetzt einen Essay über den Essay schreiben.

ZEITmagazin: Schauen Sie die Bilder heute noch an?

Moshfegh: Nein, es macht mich zu traurig. In den letzten sechs, sieben Jahren war ich selbst mit dem Tod konfrontiert und habe dadurch neuen Respekt vor ihm bekommen. Die Fotos anzuschauen würde sich jetzt falsch anfühlen.

Im November 2017 starb Moshfeghs kleiner Bruder Darius an einer Überdosis Drogen. Er tauchte zuvor manchmal am Rande ihrer Texte auf, durch kleine Anspielungen auf Haft, Sucht, Sorge. Nach seinem Tod beschrieb sie in dem Essay Still Alive, dass sie, bis sie in die vierte Klasse kam, nachts mit ihm in ihren Armen schlief: "Tagsüber bin ich ihm gefolgt und habe versucht, ihm beizubringen, wie man ein Mensch ist. Er war sperrig und schwerfällig und hinterlistig. Er wurde Armee-Veteran und Chemiestudent, neben vielen anderen Dingen. Als er ein Kleinkind war, habe ich ihn oft fallen lassen. Manchmal frage ich mich, ob ich ihn zu oft fallen lassen habe und ob das der Grund für seine späteren Probleme war."

ZEITmagazin: Ist es in Ordnung, wenn wir über Ihren Bruder sprechen?

Moshfegh: Worüber genau?

ZEITmagazin: Sie haben mal geschrieben, dass Sie und Ihr Bruder in gewisser Weise denselben existenziellen Schmerz geteilt haben.

Moshfegh: Ich weiß nicht, ob stimmt, dass wir unseren Schmerz geteilt haben. Ich glaube, er war mutiger als ich, was die Konfrontation mit den existenziellen Fragen anging. Er musste deshalb nicht gleich Schriftsteller werden.

ZEITmagazin: Wie meinen Sie das?

Moshfegh: Ich habe mal die Metapher eines Flusses benutzt, um es zu beschreiben. Mein Bruder sprang kopfüber ins schwarze Wasser, während ich versuchte, wieder herauszukommen.

ZEITmagazin: Noch bevor er starb, haben Sie mal gesagt, dass Sie einen Glücksstern hatten, der ihm fehlte. Inwiefern?

Moshfegh: Ich lande irgendwie immer auf meinen Füßen. Ich habe so viele Möglichkeiten bekommen, mich weiterzuentwickeln, und zwar auf eine Art und Weise, von der ich nicht dachte, dass es sie überhaupt gibt. Und ich meinte Glücksstern auch im Sinne eines Polarsterns. Vielleicht gibt es diesen Ausdruck im Deutschen nicht, aber wenn du dich in der Wildnis verirrt hast, zeigt dir der Polarstern, wo Norden ist.

ZEITmagazin: Wie ein Kompass?

Moshfegh: Ja. Mein Polarstern ist mein Schreiben. Das hat mir den Weg gezeigt, wenn ich es nicht hätte, wäre ich völlig verloren.

ZEITmagazin: Spendet Ihnen Schreiben auch Trost?

Moshfegh: Ja. Ich denke, der Trost kommt daher, dass man die Gelegenheit nutzt, ein Zeichen zu setzen. Wenn du einen Stift in der Hand hältst und kein Zeichen setzt, wozu dann der Stift?